MiB 2019 - ZIMMER mit ARBEIT

ZIMMER mit ARBEIT
Gast ∙ Arbeit ∙ Migration – Geschichte/n in Imst

Die Geschichte der Arbeitsmigration der 1960er und 70er Jahre in Imst und Umgebung

Ausstellung vom 27.4. – 25.10.2019

  

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ArbeiterInnen bei der Textilfabrik Jenny & Schindler in Imst/ 1972/73 (Archiv Jenny & Schindler)

 

Mitarbeiter gesucht! hieß es in den 1960er und 70er Jahren immer öfter und eindringlicher, aufgrund des Wirtschaftsbooms suchten Betriebe verzweifelt nach Arbeitskräften. Vor Ort waren kaum mehr welche zu finden, weshalb gezielt im Ausland, über Anwerbestellen in der Türkei und im damaligen Jugoslawien, nach Fach- und Hilfskräften gesucht wurde. Nur durch die sogenannten Gastarbeiter war es möglich, anstehende Aufträge abarbeiten oder überhaupt neue annehmen zu können.

Im Raum Imst profitierten vor allem die ansässigen Industriebetriebe wie die Textilindustrie, das metallverarbeitende Gewerbe, die Baubranche und natürlich das Gastgewerbe von ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

 „Ich bin 1972 mit dem Bus aus der Türkei gekommen, zusammen mit 30 bis 40 Leuten. In Wien wurden wir vom Konsulat aufgeteilt, ich bin mit dem Zug nach Imst gekommen, wo mich Verwandte vom Bahnhof angeholt haben. Erst war ich in einer Werkstatt, da habe ich immer die falschen Gegenstände gebracht, dann habe ich mir die Namen der Werkzeuge in die Hand geschrieben. Ich habe 28 Jahre lang bei der Wäscherei Schindler gearbeitet. Der Chef hat gemeint, wir sind fleißiger als die Österreicher, wir haben nämlich auch sonntags gearbeitet und so mehr Geld verdienen können.“ (Zeitzeuge, Imst)

Um die Unterbringung der „Gastarbeiter“, es kamen übrigens nicht nur Männer, sondern zu einem geringeren Prozentsatz auch Frauen, kümmerte sich meist der Dienstgeber, wobei die Qualität der zur Verfügung gestellten Wohnungen variierte und sehr vom jeweiligen persönlichen Engagement abhängig war. Manche Unterkünfte waren sicherlich schlecht, andere galten dagegen als „ortsüblich“:

Denn Anfang der 1970er Jahre hatte nicht einmal die Hälfte aller Haushalte in Österreich einen Telefonanschluss, nur die Hälfte der Wohnungen im Bezirk Imst verfügte über ein eigenes Bad, Geschirrspüler gab es Ende der 1970er in 5 Prozent der hiesigen Haushalte.

„Bei uns gab es eine Gemeinschaftsküche, jeder hatte ein eigenes Schlafzimmer, teilweise waren es Doppelzimmer, und es gab ein Bad/ WC pro Stock. Die Zimmer waren einfach ausgestattet, aber manche Männer sind jahrelang hier geblieben. Wir haben dann hinterm Haus gemeinsam Fußball gespielt und hatten viel Spaß. Sie waren höflich und zuvorkommend, Kommunikation war erst über das einfache Schulenglisch möglich, später kam dann das aus heutiger Sicht verwerfliche „Baustellendeutsch“ dazu, die hatten ja gar keine Chance, richtiges Deutsch zu lernen.“ (Zeitzeuge, Imst)

Auf das Erlernen der deutschen Sprache legte man damals keinen Wert, Deutschkurse wurden nicht angeboten, Integration war tatsächlich ein Fremdwort. Die ursprüngliche Idee, dass die Arbeitskräfte das Land beziehungsweise den Betrieb nach einem Jahr wieder verlassen und durch „neue“ Mitarbeiter ersetzt werden sollten, funktionierte nicht. Denn, wie Max Frisch es formuliert hatte:

„Wir haben Arbeitskräfte gerufen, und es sind Menschen gekommen.“

Diese holten nach und nach ihre Verwandten zu sich, gründeten eine Familie und schickten ihre Kinder hier zur Schule. Mit welchen Problemen waren sie dort konfrontiert? Wie funktionierte die Verständigung? Was machte man in der Freizeit? Wo kaufte man damals ein, gab es die benötigten Zutaten für die heimatlichen Gerichte? Wie hielt man den Kontakt zu den Daheimgebliebenen aufrecht?

Die Ausstellung erzählt anhand von Fotos, Dokumenten, Statistiken und Objekten eine Geschichte vom Raum Imst der 1970er Jahre. Menschen, die aus unterschiedlichen Ländern stammen, aus dem ehemaligen Jugoslawien, Tunesien, der Türkei und aus Italien, erzählen in filmischen Essays ihre persönlichen Geschichten, die ganz selbstverständlich auch Teil der Geschichte von Imst geworden sind - und trotzdem noch nicht als solche wahrgenommen werden.

Dabei hat Migration diese Region von Beginn an und über Jahrhunderte geprägt, was bei einem Museums-Rundgang durch die Geschichte der Stadt Imst vor Augen geführt wird.


Industriebetriebe
Blick über den Rofen zu den Industriebetrieben/ rechts Fa. Jenny & Schindler (Foto Roman Neuner)

 

Rahmenprogramm ∙ Veranstaltungen:

Datei herunterladen: PDFFolder_ZmA.pdf

 

Mi., 8.5., 19.00, FMZ:  Vernissage Ausstellung „Migration(s)Hintergrund – Zusammenleben: Vordergrund“, in Koop. mit Rotem Kreuz

Mi., 15.5., Raika-Saal: Vortrag Univ.-Prof. Mag.Dr. Dirk Rupnow, Universität Innsbruck: „Geschichte und Gedächtnis der Migration in Österreich

Sa., 15.6.: „Bosnischer Abend“: 25 Jahre später -  Musik, Literatur, Volkstanz, Erinnerungen

Sa., 13.7.: Stadtrundgang zur Arbeitsmigration, 14 - 16 Uhr, Treffpunkt Parkplatz Gasthof Hirschen (Thomas-Walch-Str./ Kreuzung Kugelgasse)

Sa., 20. 7.:  Imst isst Vielfalt - Imst Innenstadt

Sa., 3.8.: Stadtrundgang zur Arbeitsmigration, 14 - 16 Uhr, Treffpunkt Brennbichler Kirche

Sa., 24.8.: Stadtrundgang zur Arbeitsmigration, 14 - 16 Uhr, Treffpunkt Parkplatz Gasthof Hirschen (Thomas-Walch-Str./ Kreuzung Kugelgasse)

Sa., 7.9.: Stadtrundgang zur Arbeitsmigration, 14 - 16 Uhr, Treffpunkt Brennbichler Kirche

So., 22.9.: Erzählcafe – Gartenbrunch, ab 10.30 im Museumsgarten

Sa., 5.10.: ORF-Lange Nacht der Museen, 18 - 01 Uhr

Di., 15.10.: WortRaum-Lesung, 20 Uhr, Bühne Imst Mitte

Fr., 25.10.: Finissage, Raika-Saal

 

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